Du kannst diesen Beitrag bald auch anhören :-)
In meinem letzten Blogbeitrag haben ich über Haltung nachgedacht. Ich schrieb: „Haltung ist wie ein innerer Kompass“. Du merkst vielleicht schon, dass ich Reise-Metaphern ganz gut finde. Die Mitbegründerin des Anti-Bias-Ansatzes, Louise Derman-Sparks soll gesagt haben:
„Anti-Bias ist eine lebenslange Reise, die in uns selbst beginnt.“
Passend dazu dreht sich dieser Beitrag um die Koordinaten meiner Arbeit. Damit meine ich Prinzipien und Werte, an denen ich mich bei der Gestaltung und Durchführung meiner Formate orientiere.
Es ist gar nicht so einfach, Konzepte und Wertvorstellungen in einzelne Schlagworte zu packen. Die folgenden Begriffe fassen es für mich aktuell gut zusammen:
Die Koordinaten Meiner Arbeit sind
- Vielfalt als Ausgangslage
- Wertschätzung und Respekt
- Fehlerfreundlichkeit und Mut
- Sicherheit und Verantwortung
- Transparenz und Reflexion
- Leichtigkeit und Freude
- Autonomie und Veto-Prinzip
Damit der Beitrag nicht zu lang wird, habe ich ihn in zwei Teile gepackt und widme mich zunächst den ersten drei Koordinaten.
Vielfalt als Ausgangslage
Gesellschaftliche Vielfalt ist ein Fakt. Ob und wie wir sie wahrnehmen, ist eine andere Geschichte. Unser Umgang mit Vielfalt, ist eine kulturelle Praktik und damit sowohl erlernt als auch veränderbar.
Man kann sagen: Vielfalt ist die gegebene Realität, unser Umgang damit eine Entscheidung. Diese Entscheidung treffen wir täglich im Umgang mit Menschen: im persönlichen Miteinander, in unseren Institutionen und als gesamte Gesellschaft.
Vielfalt als Ausgangslage anzuerkennen bedeutet: Die Menschen, mit denen ich arbeite haben unterschiedliche Bedürfnisse, Werte und Möglichkeiten. Sie haben vielfältige Arten sich mitzuteilen und sie haben individuelle Grenzen.
Alle Menschen besitzen Vielfaltsmerkmale, die mal mehr der gesellschaftlich vorherrschenden Norm entsprechen und mal mehr von dieser abweichen. Manche dieser Merkmale meine ich wahrnehmen zu können, von anderen kann ich nichts wissen. Vielfalt ist nicht immer plakativ sichtbar. Damit meine ich: Eine Gruppe ist nicht erst dann divers, wenn Menschen unterschiedlicher Geschlechter, Hautfarben und mit sichtbarer Behinderung lächelnd auf einem Plakat zu sehen sind.
Alle, die mit mir arbeiten, bringen ihre persönlichen Geschichten, Muster, Widerstände, Verletzungen, Erfahrungen und Vielfaltsmerkmale mit. Das ist meine Ausgangslage. Und obwohl das selbstverständlich klingt, muss ich es mir immer wieder klar machen.
Wertschätzung und Respekt
In meinen Aufschrieben aus der Anti-Bias-Ausbildung findet sich folgender Satz:
Anti-Bias-Raum ist wert-schätzend, nicht wert-frei. Unterschiedlichkeit ist gut, Diskriminierung nicht!
Für mich heißt das: Jeder Mensch, mit dem ich arbeite, wird bedingungslos für sein Menschsein geschätzt, denn im Anti-Bias-Setting werden Menschen nicht bewertet oder beschämt. Wir begegnen einander auf Augenhöhe. Das bedeutet:
- Alle Menschen sind okay, wie sie sind.
- Alle Menschen sind gleich okay.
Das bedeutet aber nicht, dass jedes Verhalten automatisch auch okay ist. Diskriminierende Aussagen, Verachtung und Beschämung werden als solche benannt und sind nicht in Ordnung.
Fehlerfreundlichkeit und Mut
Wenn Handlungen oder Aussagen verletzend sind, wird das gemeinsam angesprochen. Basierend auf den Koordinaten Wertschätzung und Respekt, gilt dabei immer: Es geht nicht um den Menschen, sondern darum welche Wirkung dessen Verhalten hat. Verhalten können wir überdenken und anpassen. Wir können beispielsweise besprechen: Was für Auswirkungen hat deine Aussage auf andere? Was für Bilder und Prägungen stecken dahinter? Welche Gefühle und Reaktionen löst das Verhalten aus?
Wenn Menschen gemeinsam an ihren Vorurteilen, Diskriminierungserfahrungen und Prägungen arbeiten braucht das Mut! Sich verletzlich und angreifbar zu machen, ist Teil des Prozesses. Wir alle haben Bias erlernt, wurden selbst in Schubladen gesteckt und tragen zu gesellschaftlichen Schieflagen bei. Das ändert nichts an unserem Wert als Mensch. Menschen sind nicht gleich aber gleichwürdig!
Das war der erste Teil des Beitrags zu den Koordinaten meiner Arbeit. In Teil zwei widme ich mich den Koordinaten:
- Sicherheit und Verantwortung
- Transparenz und Reflexion
- Leichtigkeit und Freude
- Autonomie und Veto-Prinzip